Vegetarier oder nicht. Ist das hier die Frage?

Im Abschnitt „Vegetarismus: Widersprüchliches und Irrtümer“ werden im Lexikon der biblischen Irrtümer einige Behauptungen aufgestellt, die im Folgenden dargelegt und kritisch analysiert werden sollen.

Zum einen wird Gott unterstellt, er gebe den Menschen widersprüchliche Anweisungen (S. 149). So sagt Gott zu Adam und Eva in Genesis 1,29:

29 Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. (Gen 1)

zum anderen spricht er zu Noach und seinen Söhnen folgendes:

3 Alles Lebendige, das sich regt, soll euch zur Nahrung dienen. Alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen. (Gen 9)

Also wie es das Lexikon behauptet „widersprüchlich“ bzw „teilweise unverständlich“ (S. 149)? Wohl kaum. Gott behauptet an keiner Stelle, dass seine erste Anweisung sich vegetarisch zu ernähren für alle Ewigkeit bestehen soll und unabänderlich wäre. Die vegetarische Ernährungsweise, die Gott Adam und Eva im Garten Eden auferlegt, ist nachvollziehbar, weil der Tod kein Bestandteil der ursprünglichen Schöpfung war. Da mit dem Sündenfall der Tod in der Welt Einzug hielt, konnte später allerdings auch der Verzehr von Tieren erlaubt werden. Ein Widerspruch ist das allerdings nicht.

Des Weiteren ist im Lexikon zu lesen:

Hasenbraten ist verboten, sagt die Bibel, angeblich weil der Hase ein Wiederkäuer ist, aber keine durchgespaltenen Klauen hat. Falsch: Der Hase ist kein Wiederkäuer. (S. 150)

Dass dieser so alte angebliche Widerspruch in der Bibel auch in einem Buch von 2003 nochmals im wahrsten Sinne des Wortes wiedergekaut wird ist bemerkenswert. Denn über ihn wurde schon soviel geschrieben und diskutiert, dass er eigentlich ad acta gelegt gehört. Da er scheinbar immer noch nicht aus der Welt zu sein scheint, seien hier nochmals kurz die wichtigsten Aussagen von Verteidigern der Bibel zu diesem Thema zusammengefasst.
Zuallererst sei festgestellt, dass die Bibel kein naturwissenschaftliches Buch ist und sie somit nicht im Fachjargon eines Biologen, sondern in der Alltagssprache der Menschen der damaligen Zeit verfasst wurde. Der Begriff Wiederkäuer wie wir ihn heute kennen existierte zur damaligen Zeit garnicht. Er wurde erst viel später definiert. Der in der Bibel erwähnte Wiederkäuer ist daher also vielmehr ein Tier, dass seine Nahrung mehrfach verdaut. Dies trifft auf den Hasen durchaus zu. Dieser schluckt einen Teil seiner Ausscheidungen ungekaut herunter und verdaut sie ein weiteres mal. Dieses Verfahren ist dem eines „tatsächlichen“ Wiederkäuers sehr ähnlich. Den Hasen also auf Grund dieser Beobachtung mit der Bezeichnung Wiederkäuer zu belegen ist daher durchaus nachvollziehbar und definitiv kein Widerspruch von Bibel und Naturwissenschaft. ([2],[3]). Aber das ist nicht alles, was das Lexikon bezüglich Hasen zu sagen hat. Es folgt:

Noch absurder wird es im fünften Buch Mose. Da heißt es: „Diese Tiere aber sollt ihr nicht essen unter denen die wiederkäuen und die gespaltene Klauen haben: das Kamel, den Hasen…“ Das ist gleich doppelt falsch: Der Hase ist kein Wiederkäuer und hat keine gespaltene Klaue. (S. 150)

Die Sache mit dem Wiederkäuer wurde bereits im obigen Abschnitt diskutiert. Jetzt zu der Frage, ob die Bibel dem Hasen wirklich gespaltene Klauen zuschreibt. Dazu seien verschiedene Übersetzungen von 5. Mose 14,7 betrachtet:

Diese Tiere aber sollt ihr nicht essen unter denen, die wiederkäuen und die gespaltene Klauen haben: das Kamel, den Hasen und den Klippdachs, die wiederkäuen, deren Klauen aber nicht ganz durchgespalten sind; darum sollen sie euch unrein sein. (Luther 1984)

Nur diese dürft ihr nicht essen von den wiederkäuenden und von denen, die mit gespaltenen und zwar aufgespaltenen Hufen versehen sind: das Kamel und den Hasen und den Klippdachs; denn sie käuen wieder, aber sie haben keine gespaltenen Hufe: unrein sollen sie für euch sein; (Rev. Elberfelder)

Von den Großtieren, die wiederkäuen oder ganz gespaltene Klauen haben, dürft ihr aber Folgende nicht essen: Kamel, Hase, Klippdachs. Sie sind zwar Wiederkäuer, haben aber keine gespaltenen Klauen. Sie sollen euch als unrein gelten. (Einheitsübersetzung)

Lässt die Lutherübersetzung noch ein Schlupfloch für die Deutung, dass Hasen hier gespaltene Klauen zu geschrieben werden, so geht aus Rev. Elberfelder und der Einheitsübersetzung hervor, dass nicht jedes Tier der folgenden Liste Wiederkäuer sein muss UND gespaltene Hufe hat, sondern zumindest eines von beidem. Auch sollte man bedenken, dass selbst wenn man davon ausgeht, die Bibel sei nicht Gotteswort man einem Schreiber, der ein derartiges Gesetzeswerk zu Stande bringt, soviel Intelligenz unterstellen darf, dass er nach der Beobachtung eines Hasen durchaus in der Lage ist zu wissen, dass dessen Klauen nicht gespalten sind. Mal davon abgesehen, dass dies in 3. Mose 11,6 auch ausdrücklich gesagt wird:

ihr sollt für unrein halten den Hasen, weil er zwar wiederkäut, aber keine gespaltenen Klauen hat;

Ein weiterer Punkt im Lexikon ist:

(…) und die Fledermaus wird als Vogel bezeichnet. Falsch: Die Fledermaus ist ein Säugetier. (S. 150)

Was hierbei erstaunlich ist: Sonst stürzt sich der Autor des Lexikons der biblischen Irrtümer auf jede Übersetzungsschwäche der Bibel, die er finden kann, doch diejenige, der hier vorliegt, wird von ihm ignoriert. Im hebräischen Text steht an der Stelle von Vogel das Wort oph [1]. Dieses bezeichnet fliegende oder flatternde Lebewesen. Hier werden Tiere also nicht nach der Gattung, sondern nach der Fortbewegungsart gruppiert und zur Gruppe der fliegenden Tiere gehört die Fledermaus sicherlich. Das hebräische Wort für Vogel wäre zippor. Doch auch hier gilt zu beachten: Die Bibel nutzt keine biologischen Fachterminini. Von daher dürfte man auch bei der Verwendung von zippor nicht erwarten, dass es Deckungsgleich mit der Bedeutung des Wortes Vogel ist, wie es heutzutage von einem Biologen bzw. Ornithologen verstanden wird.

Als letzte Aussage soll betrachtet werden:

Andere Tiere wiederum, die es auch nicht gibt, werden als erlaubte Speisen genannt: Tiere, die Flügel und vier Füße haben, die auf der Erde hüpfen. (S.150)

Dabei wird auf 3. Mose 11,21 verwiesen. Hierzu nun ebenfalls einige Anmerkungen. Hier wird wieder geschickt zitiert, um die Illusion zu schaffen, der Bibelautor habe sich hier Fabelwesen ausgedacht, denn die Stelle heißt im Zusammenhang:

20 Alle Kleintiere mit Flügeln und vier Füßen seien euch abscheulich. 21 Von diesen Kleintieren mit Flügeln und vier Füßen dürft ihr aber jene essen, die Springbeine haben, um damit auf dem Boden zu hüpfen. 22 Von ihnen dürft ihr die verschiedenen Arten der Wanderheuschrecke, der Solam-, der Hargol- und der Hagab-Heuschrecke essen. (3. Mose 11)

Der Autor hat also durchaus existente Arten vor Augen und nicht irgendwelche Phantasiegeschöpfe. Dass heißt, er hat sie auch schon mal gesehen bzw. ein Bild von ihnen im Kopf. Auch hier wird einem dem Schreiben mächtigen Menschen unterstellt, er sei nicht in der Lage die Beine eines Insektes auszuzählen. Muss man wirklich soweit gehen dem biblischen Autor Dummheit zu unterstellen? Dies ist unnötig. Denn auch hier gilt, was bereits oben geschrieben wurde: Es geht der Bibel nicht um wissenschaftliche Naturbeschreibungen, sondern sie möchte Beobachtungen möglichst bildhaft beschrieben. So auch hier. Die entsprechende Stelle in der Rev. Elberfelder Bibel übersetzt hier wohl etwas anschaulicher:

21 Nur dieses dürft ihr essen von allem geflügelten Kleingetier, das auf vieren geht: was Unterschenkel hat oberhalb seiner Füße, um damit auf der Erde zu hüpfen.

Wie bei den Fledermäusen geht es hier nicht um die Beschreibung von Tiergattungen, sondern um die Beschreibung der Fortbewegungsweise der Tiere. Hierzu sei nur beispielsweise ein Beitrag aus einem Internetforum zitiert [4]:

Es gibt geflügelte Insekten, z. B. die Bienen, Fliegen und Wespen, die mit ihren sechs Beinen genau gleich gehen wie vierbeinige Tiere. Andere Insekten, z. B. die Heuschrecken, sind mit zwei Sprungbeinen ausgestattet und brauchen die anderen vier Beine buchstäblich, um damit zu „gehen“

Auch zu einem Baby sagt man ja, dass es sich auf allen Vieren bewegt ohne, dass es in Wirklichkeit vier Beine hat. Natürlich kann man hier über Formulierungen streiten. Sicher ist aber, dass jeder, der bereits eine Heuschrecke erlebt hat, weiß, wie sie aussieht und dass dieser Abschnitt der Bibel nicht aussagen will, dass Insekten vier Beine besitzen.

Schlussbemerkungen
Auch in diesem Abschnitt des Lexikons der biblischen Irrtümer wird nicht vorurteilsfrei mit der Bibel umgegangen. Es werden aus Mücken Elephanten gemacht und Übersetzungsschwächen ignoriert, um der Bibel so Falschinformationen zu stellen, die aber an diesen Stellen nicht in ihr enthalten sind.

Quellen
[1] http://www.urzeitundendzeit.de/FAQ.html
[2] http://wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=disk/d95/1/d95-1.html
[3] http://www.2jesus.de/bibel-faq/bibel-hase-wiederkaeuer.html
[4] http://it.answers.yahoo.com/question/index?qid=20080312071701AAvBBFF (Beitrag Mel v)

Kriegs- und Schwertbringer Jesus

Einleitung
In einem Kommentar auf meinen letzten Beitrag sprach der Autor vom Vers 10,34 des Matthäusevangeliums:

Mt 10,34 Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

und sagt dazu:

[Dieser Vers] mag einen gläubigen Christen sicher nicht freuen, das kann ich gut verstehen. Aber davor die Augen zu verschliessen ist nicht die Art, sich den Fragen des Lebens und der Welt zu stellen.

Im folgenden Beitrag soll gezeigt werden, dass man vor diesem Vers nicht die Augen verschließen muss (oder ich es tue) und auch zum anderen, dass dieser Vers nicht bedeutet, dass Jesus ankündigte er würde, vergleichbar Mohammed, zum Schwert greifen und seine Jünger in blutige Schlachten führen.

Jesu bildliches Reden
Eines ist sicher jedem Leser des Neuen Testaments aufgefallen: Jesus erzählt viel in Gleichnissen, so dass nicht alles von dem was er sagt wort-wörtlich zu nehmen ist. Also nur, weil er hier bei Matthäus ein Schwert erwähnt, impliziert das nicht automatisch, dass man sich Jesus nun mit dieser Waffe in der Hand vorzustellen hat. Wichtig ist wie bei jedem anderen Bibelvers, dass man ihn in seinem Kontext betrachtet, was zum Beispiel hier veranschaulicht wurde, denn sonst läuft man stets Gefahr absichtlich oder unabsichtlich Cherry Picking zu betreiben. Zuerst einmal soll festgestellt werden, an wen Jesus seine Worte hier richtet. Er steht hier nicht vor einer riesigen Volksmenge, der er verkündet das Schwert zu bringen, sondern spricht zu den Zwölfen:

Mt. 10,1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich (…) 2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, 3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, 4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat. Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: (…)

Also zu denen, die er Aussenden wird um ihn zu verkündigen. Auch lässt sich im zehnten Kapitel des Evangeliums bereits an den Folgesätzen herauslesen, dass Jesus nicht vorhatte als Kriegsherr aufzutreten:

Mt. 10,34 Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. 35 Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; 36 und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein. 37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. 38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.

Das Schwert steht hier also nur symbolisch für Zwietracht, Entzweiung, Spaltung. Sicherlich verlangt Jesus hier viel von seinen Aposteln, sehr viel sogar. Er verlangt absoluten Vorrang über alles Weltliche und unbedingte Liebe ihm gegenüber. Eine Liebe, die im Zweifelsfall auch über engste Freunde und Familienmitglieder gestellt werden muss. Sollte also ein Teil einer Familie von Jesu Worten ergriffen sein, ein anderer von ihnen nicht erreicht werden, wird dies zweifelsfrei zu Spannung, Streit und gegebenenfalls zu einer Spaltung innerhalb dieser Familie kommen. Jesus sagt also nicht:

Ich bin nicht gekommen um Frieden zu stiften, sondern Feindschaft und Kriege.

sondern vielmehr:

Mein Kommen bedeutet nicht, dass jetzt sofort überall alles gut wird. Um in mein Reich zu gelangen müsst ihr viel erdulden, so wie ich am Kreuz für euch gelitten habe. Doch eure Belohnung wird groß sein.

Denn im Anschluss an Matthäus 10,34 – 38 gibt er seinen Jüngern auch die große Zusage:

Mt. 10,39 Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.

oder wie er es an anderer Stelle formuliert:

Joh 8,12 Als Jesus ein andermal zu ihnen redete, sagte er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Alle Strapazen der Jünger sollen mit dem Leben bei ihm belohnt werden.

Weitere Bibelstellen
Wie ebenfalls an anderer Stelle besprochen, sollten Bibelverse nicht nur im Kontext des jeweiligen Kapitels/Buches/Evangeliums betrachtet werden, sondern auch im Gesamtzusammenhang der ganzen Bibel. Somit stellt sich die Frage: An welchen anderen Bibelstellen nimmt Jesus noch Bezug auf die Themen Waffen, Krieg, Frieden und wie äußert er sich dort zu ihnen bzw. wie verhält er sich?
Hierzu findet sich ebenfalls im Matthäusevangelium die Aussage Jesu:

Mt 5,9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

Also nicht diejenigen, die zum Schwert greifen, sondern gerade diejenigen die vermeiden, dass irgendjemand zum Schwert greift. Im selben Kapitel bei Matthäus tätigt Jesus eine noch viel weitergreifende Aussage:

Mt 5,44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.

welche sicher nicht weiter kommentiert zu werden braucht. Zu guter Letzt sei noch die Verhaftung von Jesus erwähnt, denn sein Verhalten und seine Reden dort sind ebenfalls eindeutig:

Mt. 26,50 Jesus erwiderte ihm: Freund, dazu bist du gekommen? Da gingen sie auf Jesus zu, ergriffen ihn und nahmen ihn fest. 51 Doch einer von den Begleitern Jesu zog sein Schwert, schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm ein Ohr ab. 52 Da sagte Jesus zu ihm: Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen. 53 Oder glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte?

Auch hier geht es um ein Schwert, allerdings im Vergleich zum 10. Kapitel nicht um ein symbolisches, sondern um ein echtes. Jesus steht kurz vor seiner Verhaftung. Ruft er daher seine Jünger jetzt auf das Schwert zu ziehen und die Gegner zu attackieren? Nein ganz im Gegenteil. Er verurteilt die Nutzung des Schwertes selbst zu seiner Verteidigung. Er wendet sich hier trotz der Situation gegen jede Art von Gewalt. Auch Pilatus gegenüber bestätigt er diese Handlung:

Joh 18,36 Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.

Schlussbemerkung
Der Text in Matthäus 10 ist sicher einer der unbequemeren Texte des Neuen Testamentes. Soweit könnte man dem Autor des Kommentares zustimmen. Allerdings nicht in dem Sinne, wie er oft missbraucht wird um Jesus als einen gewaltbereiten Revoluzzer darzustellen, indem man ihn aus dem Kontext reißt und wörtlich nimmt. Sondern er zeigt wie schwer die Nachfolge Jesu sein kann und fordert die Christen dazu auf diesen Weg trotzdem zu gehen und ihr Kreuz zu tragen. Dies soll aber nicht umsonst sein, denn Jesus verspricht seinen Jüngern das ewige Leben bei ihm und verheißt ihnen, dass sie für all die irdischen Leiden entschädigt werden denn ihr Lohn im Himmel wird groß sein (Lk 6,23).

Das böse Kind Jesu

Die Seite www.bibelkritik.ch wurde schon in einigen Beiträgen erwähnt. Die dortigen Angriffe auf die Bibel zeichnen sich zwar weder durch Sachlichkeit noch durch Nachvollziehbarkeit aus, aber eines muss man ihnen lassen: Die Art der „Kritiken“ ist immer wieder interessant. So finden sich widerlegte alte Argumente, aus dem Zusammenhang gerissene Bibelzitate oder auch einfach gekünstelte Widersprüche. Jetzt habe ich eine ganz neue Variante gefunden: Man zitiert einfach aus irgendwelchen apokryphen Schriften bestimmte Abschnitte, die Jesus in ein schlechtes Licht rücken, um so die Glaubwürdigkeit der eigentlichen Bibel in Frage zu stellen. Auf folgender Seite so geschehen mit dem sogenannten Kindheitsevangelium nach Thomas, in dem man Passagen finden kann wie:

Ein Nachbarsjunge nahm einen Weidenzweig und fegte das sorgfältig angesammelte Wasser wieder aus den Pfützen. „Du Dummkopf“, schrie Jesus. „Was haben dir denn die Teiche getan? Jetzt wirst auch du verdorren!“

oder

Ein paar Tage später, als Jesus durch Nazareth bummelte (4,1-8), rempelte ihn ein Kind an. Jesus wurde wieder wütend. „Du sollst auf deinem Weg nicht weitergehen!“, fauchte er und auch dieser Junge fiel hin und starb.

Also Jesus ein rachsüchtiger, widerwärtiger kleiner Junge, der seine Macht missbraucht um andere Kinder umzubringen? So etwas soll Erlöser der Menschheit und Sohn Gottes sein? Immerhin muss man bibelkritik.ch lassen, dass darauf hingewiesen wird, dass derartige „Informationen“ lediglich einem apokryphen Evangelium entnommen sind. Doch dies soll gleich mit folgender Behauptung relativiert werden:

Der eine oder andere Bibelwissenschaftler ist der Auffassung, es verdiene eine Aufnahme in die Bibel.

Eine Quelle, welche derartige Wissenschaftler nennt, wird nicht aufgeführt. Fakt ist, dass selbst wenn die Aussage zutreffen würde, es sich lediglich um die Meinung einer absoluten Minderheit handelt, die es praktisch in jedem Wissenschaftszweig zu jeder Ansicht gibt. Gegen eine Gleichstellung mit den vier Evangelien des Neuen Testaments sprechen unter anderem folgende Punkte:

  1. Das Entstehungsdatum Ende des zweiten Jahrhunderts liegt gut 100 Jahre nach der Entstehung der biblischen Evangelien.
  2. Es wurde zu keiner Zeit der Kirche als inspirierte Schrift anerkannt. Im Gegenteil: Schon bei einer seiner ersten Erwähnungen überhaupt (Irenäus von Lyon, „Gegen die Häresie“) wird das Werk kritisch betrachtet.
  3. Es widerspricht in seinem Jesusbild den restlichen Schriften des Neuen Testaments, welche früher entstanden sind.
  4. Die Art der Erzählung und der beschriebenen „Wunder“ unterscheiden sich deutlich vom Neuen Testament

Auch ist die Anmerkung

dessen angeblicher Verfasser Thomas ebenfalls den Namen eines Jesus-Jüngers trägt.

fragwürdig, denn dieser „Thomas“ spezifiziert seinen Namen in der Einleitung des Evangeliums genauer:

„So will ich denn, ich Thomas der Israelit, allen den Brüdern aus den Heiden Kunde bringen von den wunderbaren Jugendtaten unseres Herrn Jesus Christus, die er vollbracht hat nach seiner Geburt in unserem Lande. So nahm es seinen Anfang. …“

Jesu Jünger Thomas erhält dagegen niemals den Beinamen der Israelit, so dass diese Erwähnung im Evangelium wohl eher darauf hindeutet, dass sich dessen Autor gerade nicht mit dem biblischen Thomas identifizieren will.

Das Kindheitsevangelium kann also weder dabei helfen etwas Neues über Jesu Person und seine Taten zu erfahren, noch dabei etwas über die Glaubwürdigkeit der Evangelien nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes auszusagen. Es daher wie auf bibelkritik.ch geschehen zu zitieren und manche Stellen im Fettdruck hervorzuheben, um Jesus in einem schlechten Licht stehen zu lassen, ist eine ziemlich billige Variante von Kritik an der Bibel.

Jesus das Plagiat?

Einleitung
Bei vielen Kritikern des Christentums ist unter anderem folgende Argumentationsstruktur zu finden:

Es existieren in der griechischen Mythologie und in anderen antiken Schriften Erzählungen, die Parallelen zu einigen Berichten über Jesus aufweisen. Somit sind die Evangelien nur Plagiate älterer Berichte und deshalb unglaubwürdig.

Im Folgenden sollen einige der oft zitierten Beispiele von den Evangelien ähnlichen Geschichten näher betrachtet und untersucht werden, inwieweit dieses Argument stichhaltig ist. Sie wurden zum einen auf der Website [bibkri] zum anderen in [AvdB] gefunden.

Buddha [AvdB S. 102]
Auf Seite 102 in AvdB wird Buddha als eines der Vorbilder von Jesus aufgeführt. Er soll ebenfalls als Wanderprediger unterwegs gewesen sein, 40 Tage gefastet haben und vom Bösen versucht worden sein.
Zu allererst ist festzustellen, dass die ersten Berichte über Buddhas Leben über 400 Jahre nach seinem Tod aufgezeichnet wurden ([Bud], S. 54). Selbst bei Zugrundelegung des späten Datums um 70 n.Chr für die Entstehung des Markusevangeliums, liegen zwischen Tod von Jesus und der Niederschrift seiner Biographien gerade einmal 40 Jahre. Ein Unterschied um den Faktor 10 und ein indirekter Hinweis auf Glaubwürdigkeitsunterschiede zwischen beiden Berichten. Die Berichte über Buddha wurde in den folgenden Jahrhunderten auch noch erweitert und mytologisiert, wohingegen die Evangelien seit den ersten erhaltenen Abschriften inhaltlich praktisch nicht mehr verändert wurden (vgl. [FdG], Kap3. S. 117 – 171). Über Buddha sind daher auch viele Geschichten im Umlauf, welche in den ersten Niederschriften um das Jahr 100 v.Chr. nicht vorhanden waren. Bei der Betrachtung von Buddhas Leben ist es daher wichtig, stets zu unterscheiden, ob man die Daten über sein Leben aus den ersten Schriften entnimmt, oder ob man sich auf spätere Ergänzungen beruft. In [Bud] findet sich auf S.13 eine Zeittafel, in welcher die Ereignisse eingetragen sind, die bereits im Jahr 100 v.Chr. niedergeschrieben wurden. Hiernach verließ Buddha im Alter von 29 Jahren sein Elternhaus und seine Familie, um sechs Jahre in Askese zu leben. Am Ende dieses Lebensabschnittes wird er erleuchtet und nutzt die restlichen 45 Jahre seine Lebens zum Verbreiten seiner Lehre und dem Sammeln von Schülern aus denen er eine klösterliche Gemeinschaft formte. Die Aussage, aus [AvdB], dass Buddha im Alter von 30 Jahren bereits als Wanderprediger unterwegs gewesen sein soll ist somit falsch, da er sich von der Zivilisation vorerst vollkommen zurückzog.
Auch gilt es festzustellen: Von genau 40 Tagen Fasten von Buddha ist nicht die Rede. Er lebte 6 Jahre lang asketisch. Von einer Versuchung durch einen personalen Satan und eine Unterhaltung mit ihm, wie sie Jesus führte (Mt 4,1), wird ebenfalls nichts berichtet. Zwar sammelte sich Buddha, wie viele religiöse und nichtreligiöse Lehrer zu allen Zeiten, Schüler um sich, doch diese führte er zu einem klösterlichen Leben und band sie somit an einen festen Ort ([Bud], S. 56). Jesus tut mit der Aussendung der Jünger genau das Gegenteil:

Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten.(Mk 3,14 )

Nach all dem Gesagten kann nicht festgestellt werden, dass zwischen Buddha und Jesus große Ähnlichkeiten bestehen würden. Sämtliche Geschichten über Buddha, welche nach der Niederschrift der Evangelien auftauchen bringen für die Argumentationsstruktur der Christentumskritiker nichts. Eher im Gegenteil (s.h. dazu weiter unten).

Zarathustra [AvdB S. 102]
Von Zarathustra, wird in [AvdB] erklärt, existiere auch eine Verführungsgeschichte, die derjenigen von Jesus ähneln soll und auch er sei mit zwölf Hauptjüngern zur Verkündigung seiner Lehre durch die Lande gezogen. Hier gilt ähnliches wie für Buddha, allerdings sogar in stärkerer Form: Die Quellenlage ist hier so schlecht, dass das angegebene Geburtsdatum von Zarathustra von 1800 v.Chr. bis 600 v. Chr. schwankt. Erste Schriften über sein Leben werden in das erste Jahrhundert nach Christus datiert. Zwischen Geburt und Niederschrift von biographischem Material liegen somit je nach Datierung zwischen 700 und 1900 Jahren. Ein immenser Zeitraum. Aber auch hier wurde im weiteren Verlauf der nächsten Jahrhunderte weiteres Material aufgeschrieben bzw. vorhandene Erzählungen ausgeschmückt und erweitert. Über sein Leben lassen sich somit keine sicheren Angaben machen. Wann genau die (falls sie existiert) Erzählung entstand, dass Zarathustra zwölf Jünger besaß oder dass ihn Satan verführt habe, lässt sich also nicht feststellen. Da die frühesten Schriften im ersten Jahrhundert derartiges nicht erwähnen, kann angenommen werden, dass sie erst nach dem Wirken des Jesus von Nazareth aufgeschrieben bzw erdacht wurden.

Apollonios von Tyana ([AvdB S.102 und [bibkri])
Apollonios ist vielleicht die, im Zusammenhang mit dem in der Einleitung präsentierten Argument, am meisten genannte Gestalt. Auf [bikri] ist sogar zu lesen:

Sein von Philostratos aufgeschriebenes Leben liest sich wie eine Abschrift der biblischen Jesusgeschichte, zum Teil wie ein Evangelium.

Auf Seite 102 von [AvdB] werden etliche angebliche Parallelen zum Leben von Jesus genannt. Einige davon (allerdings nicht alle) finden sich in der ersten Biographie über den Zeitgenossen von Jesus, Apollonios. Diese wurde von Philostratos um 200 n.Chr. aufgeschrieben und ist somit über 100 Jahre jünger als die biblischen Evangelien. Die Behauptung, dass deren Autoren somit etwas aus dem Leben des Apollonios abgekupfert und auf Jesus umgemünzt haben könnten, ist somit nicht haltbar und das Leben des Apollonios lässt sich nicht als Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Evangelien anführen. In [DHZdE] ist daher zu lesen:

Wenn jemand überhaupt eine „Biographie“ zur Vorlage nahm, dann wäre das in diesem Fall Philostratos gewesen, der den Evangelienschreibern folgte und nicht umgekehrt. (S. 106)

Viele Gelehrte sind sogar, trotz mancher oberflächlicher Übereinstimmung zwischen den beiden Texten, der Meinung, dass man auf Grund der weit größeren Unterschiede zwischen ihnen von einer unabhängigen Entstehung ausgehen sollte ([TdArTl], S. 303.). Das vielleicht Erstaunlichste ist allerdings, dass das „Apollonios-Argument“ auch heute noch so beliebt ist, obwohl es Craig Blomberg bereits 1987 in [DHZdE] widerlegte.

Zusammenfassung
Von den drei betrachteten Biographien wurde eine erst nach den Evangelien verfasst und scheidet somit als Vorbild für Jesus definitiv aus. Die Lebensberichte von Buddha und Zarathustra wurden erst Jahrhunderte nach dem Tod der beiden niedergeschrieben und haben im Laufe der Jahrhunderte nach der Entstehung der Evangelien noch größere Veränderungen erfahren. In den ursprünglichen Fassungen lassen sich dabei bei beiden keine auffälligen Parallelen zum Leben von Jesus, wie es in der Bibel geschildert wird, finden. Die weiteren genannten Personen und griechischen Gottheiten aus [bibkri] werden evt. in einer ergänzten Fassung dieses Aufsatzes behandelt. Aber sie werden das Fazit kaum verändern können: Das Argument, das Leben Jesu‘ sei den Leben anderer Personen entlehnt und die Berichte davon somit unglaubwürdig, ist nicht stichhaltig. Manche Ausführungen basieren teilweise sogar auf faktischen Fehlern.

Quellen
[AvdB] Rohde, Norbert, „Abschied von der Bibel“, 1. Auflage
[Bud] Hawkins, Braldley K., „Buddhismus“, 1. Auflage
[bibkri] http://www.bibelkritik.ch/bibel/g1.htm
[DHZdE] Blomberg, Craig, „Die Historische Zuverlässigkeit der Evangelien“, 1. Auflage
[FdG] McDowell, Josh, „Die Fakten des Glaubens“, 1. Auflage
[TdArTl] Harris, Murray J., „The Dead Are Restored To Life“, in Gopsel Perspectives Bd.6, 1. Auflage

Jesus der Akrobat?

Einleitung
Im Lexikon der biblischen Irrtümer wird unter der Überschrift „Esel: Ein biblisches Märchen und Jesu Ritt auf zwei Eseln“ ein schon oft angebrachter angeblicher Widerspruch in der Bibel geschildert. Er bezieht sich darauf, dass Lukas, Markus und Johannes beim Einzug von Jesus in Jerusalem nur einen Esel erwähnen. Matthäus dagegen berichtet von zwei Eseln und es würde behauptet Jesus sei auf beiden gleichzeitig nach Jerusalem geritten. Im Folgenden soll untersucht werden, ob es sich wirklich um einen unlösbaren Widerspruch handelt.

Wieviele Esel waren es?
Bei Markus lesen wir:

2 Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! (…) Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden und sie banden ihn los. (…) 7 Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf.
Markus 11:2,4,7

Bei Lukas heißt es in der entsprechenden Stelle:

30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los und bringt ihn her! (…) 33 Als sie den jungen Esel losbanden (…) 35 Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf.
Lukas 19:30

und bei Johannes dagegen schlicht:

14 Jesus fand einen jungen Esel und setzte sich darauf
Johannes 12:14

Bei Johannes fällt bereits ein deutlicher Unterschied zu Markus und Lukas auf, da die Szene dort deutlich knapper geschildert wird. Dies zeigt einmal mehr, dass die Evangelien verschiedene Ziele verfolgen und daher verschiedenen Stationen in Jesu leben unterschiedlich viel Gewicht verleihen. Nur weil Johannes nicht schildert, wie Jesu Jünger den Esel zu ihm bringen, heißt dies weder, dass er es nicht gewusst hat, noch dass sie es nicht getan haben. Die drei Evangelien sind sich also darin einig, dass Jesus auf einem Eselfohlen reitend nach Jerusalem einzog. Betrachten wir nun die entsprechende Stelle im Matthäusevangelium:

2 und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! (…) 6 Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. 7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf.
Matthäus 21:2

Matthäus spricht also tatsächlich von zwei Eseln. Widerspricht er damit also den anderen drei? Nein tut er nicht. Lukas, Markus und Johannes erwähnen zwar je nur einen Esel, schließen aber zu keinem Zeitpunkt aus, dass auch ein weiterer Esel anwesend war. Auf derartiges Vorgehen trifft man des Öfteren beim Lesen der Bibel. Ein schönes Beispiel ist der Bericht über die Auferstehung Jesu nach dem Johannesevanglium. Dort liest man zu Beginn:

1 Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.
Johannes 21:1

Man kann hier nach dem Lesen dieser Stelle schlussfolgern, dass Maria allein zum Grab gegangen sei. Doch dass dieser Schluss falsch ist zeigt sich bereits einen Vers später:

2 Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.
Johannes 21:2

Johannes ist sich also von Anfang an bewusst, dass es nicht nur Maria war, die zum Grab ging, sondern dass sie Begleiterinnen dabei hatte. Durch seine Formulierung wird Maria besonders hervorgehoben und ihre Bedeutung für die folgenden Geschehnisse betont.

Die anderen Evangelien sagen dagegen gleich ausdrücklich, dass mehrere Frauen am Grab gewesen sind:

1 Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab.
Lukas 24:1

Aber es liegt eben dennoch kein Widerspruch vor. Genauso verhält es sich mit den Eseln. Das Fohlen ist das wichtige Objekt für die folgenden Ereignisse und wird daher von Lukas, Markus und Johannes dadurch hervorgehoben, dass es als einziger Esel erwähnt wird. Matthäus dagegen ergänzt die Informationen der anderen drei, indem er berichtet, dass auch die Mutter des Fohlens dabei war.

Zusammenfassend für diesen Abschnitt kann also gesagt werden, dass beim Einzug von Jesus in Jerusalem zwei Esel anwesend waren. Ein Fohlen und dessen Mutter.

Warum wurden zwei Esel mitgenommen?
Wieso machten sich dann die Jünger die Mühe gleich zwei Esel zu holen, wo Jesus, doch nur vorhatte auf einem der beiden zu reiten? Die Antwort kann nur vermutet werden, aber die Evangelien legen eine bestimmte Schlussfolgerung nahe: Lukas und Markus sind sich darin einig, dass das Fohlen eines war, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Es handelte sich also um ein sehr junges Tier. Von daher kann man vermuten, dass es noch sehr an seiner Mutter hing und man ihm nicht zumuten wollte es (erstmals?) von ihr zu trennen. Des weiteren berichtet Lukas:

37 Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten.
Lukas 19:37

und Markus schildert:

8 Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweige (von den Büschen) ab und streuten sie auf den Weg.
Markus 11:8

Beim Einzug waren also viele Leute anwesend und es ging wohl auch nicht grad ruhig zu. Diese Situation muss sehr ungewohnt, vielleicht sogar angstauslösend, für das Fohlen gewesen sein. Die Anwesenheit seiner Mutter machte es ihm viel einfacher sich an diese neue Situation zu gewöhnen und nicht in Panik zu verfallen. Ein zweiter Esel beim Einzug ist daher kein „Wunschkonstrukt“ sondern eher eine nahe liegende Begebenheit.

Ritt Jesus auf zwei Eseln gleichzeitig?
Hier muss dem Lexikon der biblischen Irrtümer in einer Aussage zugestimmt werden:

Niemand kann auf zwei Eseln gleichzeitig sitzen, geschweige denn reiten (S. 210)

Anzunehmen, dass Jesus derartiges unternommen hätte ist absurd. Doch behauptet dies Matthäus wirklich?

7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf.
Matthäus 21:7

Dieser Satz lässt zwar die Interpetation zu, dass Jesus auf beiden Eseln gleichzeitig saß, doch wie erwähnt ist ein derartiges Kunststück sowohl nach heutigen Maßstäben als auch vor 2000 Jahren absurd. Der reflexive Teil er setzte sich darauf lässt sich genauso gut auch auf die Kleider beziehen, die auf die Esel gelegt wurden. Im Deutschen lässt sich argumentieren, dass auch Lukas und Johannes die Formulierung benutzen setzte sich darauf und sich dies hierbei ziemlich sicher auf den Esel bezieht. Doch in der griechischen Fassung unterscheidet sich der Satzbau hierbei zwischen Matthäus und den anderen. Wörtlicher übersetzt lautet die Passage bei Matthäus:

brachten den Esel, und das Fohlen, und legten auf sie ihre Kleider; er setzte sich darauf
(vgl. „Word Pictures in the New Testament“, A. T. Robertson, 2000, S. 167f)

Diese Übersetzung legt nahe, dass sich das darauf auf die Kleider und nicht auf die Esel bezieht. Nun stellt sich noch die Frage, warum auf beide Esel Kleider gelegt wurden, wenn Jesus nur auf dem Fohlen geritten sein soll. Die Antwort liegt in der Tatsache begründet, warum die Kleider auf die Reittiere gelegt wurden. Es ging dabei nicht primär darum es dem Reiter bequem zu machen, sondern ihm Ehre zu erweisen (vlg. „Matthew“, William Foxwell Albright and C.S. Mann, 1995, S. 252). Moderne Beispiele lassen sich zu Genüge finden. Wenn eine wichtige Person von einer Parade bzw. einem Zug begleitet wird, so sind die Teilnehmer daran (ob jetzt Menschen oder Tiere) stets herausgeputzt, um die Wichtigkeit der begleiteten Person hervorzuheben. Damals zog der Messias feierlich in Jerusalem ein. Die Mittel der Jünger waren gegrenzt. Somit blieb ihnen nicht viel anderes über, als zumindest die Begleittiere des Zuges so gut wie möglich zu verzieren, also die besten auffindbaren Kleidungsstücke auf sie zu legen. Matthäus sagt also nie direkt aus auf welchen Esel sich Jesus setzte. Die Antwort darauf finden wir aber bei Markus, Lukas und Johannes.

Matthäus der unfähige Schriftsteller?
Woher kommen eigentlich die Behauptungen, Matthäus hätte Jesu den akrobatischen Ritt auf zwei Eseln angedichtet? Man behauptet Matthäus hätte folgende Stelle aus dem Propheten Sacharja falsch übersetzt:

9 Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin.
Sacharja 9,9

zu

5 Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.
Matthäus 21:5

Da er so zwei Esel in der Prophezeiung vorfand musste er die Geschichte so umdichten, dass Jesus auf beiden ritt, um das Schriftwort zu erfüllen. Die griechische Übersetzung, welche zur obigen Deutschen führt, orientiert sich enger am hebräischen Text. Die obige Satzkonstruktion besagt im Hebräischen allerdings nicht aus, dass auf zwei Eseln geritten wird. Es handelt sich um das Stilmittel des Parallelismus membrorum bei dem eine Aussage mit einer leichten Abwandlung noch einmal wiederholt wird. So eben hier: reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen und die abgewandelte Wiederholung: dem Jungen einer Eselin. Matthäus soll dies so verwirrt haben, dass er zwei Esel als Reittiere angibt? Hierzu fand ich eine sehr treffende Aussage:

Die Geschichte mit den beiden Eseln ist übrigens ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Evangelist von der historisch-kritischen Forschung schlicht für dumm erklärt wird. Er soll angeblich nicht in der Lage gewesen sein, einen “Parallelismus membrorum” richtig zu verstehen (…) Man muß sich jedoch klar machen, daß der “Parallelismus membrorum” die einfachste und geläufigste Form hebräischer Dichtkunst ist (…) und einen solchen “Parallelismus membrorum” sollte Matthäus nicht richtig erkannt haben? Man sollte für den vermeintlichen Irrtum eines Evangelisten eine intelligentere Erklärung suchen! – abgesehen davon, daß es sachliche Argumente gibt, die dafür sprechen, daß Matthäus mit den zwei Eseln durchaus im Recht ist.
„Die Auferstehung Jesu Chrisi von den Toten“, Kapitel 3

Nur um Widersprüche in der Bibel zu finden traut man Matthäus derart naive Gedanken zu, dass ein Mensch irgendwie auf zwei Eseln balanciert um nach Jerusalem einzuziehen. Auch den Menschen vor 2000 Jahren war die Absurdität derartiger Vorstellungen bewusst und somit auch Matthäus. Vielleicht war sie ihnen sogar viel bewusster als uns heute, weil der Mensch von damals sicher öfter auf einem Esel reiten musste als der heutige. Die oben angesprochene historisch-kritischen Forschung ist übrigens jene wissenschaftliche Theologie (S. 211, vertreten durch Gerd Lüdemann) auf die sich das Lexikon der biblischen Irrtümer beruft um Matthäus genau diese Naivität anzudichten.

Fazit
Jesus war kein Artist. Das macht aber auch nichts, da es für ihn nie von Nöten war auf zwei Tieren gleichzeitig zu reiten. Hier wird nur zwanghaft ein Widerspruch konstruiert, der darauf basiert die Intelligenz des Schreibers des Matthäusevangeliums in Frage zu stellen ohne weitere Beweise für derartige Unterstellungen anbringen zu können.